Smart Living

Das Zuhause von morgen – schon heute

Von Michael Gneuss und Katharina Lehmann · 2017

Das Zuhause von morgen – schon heute
Moderne Technologien für Smart Home vernetzen das gesamte Zuhause.

Die Technologien für Smart Living gibt es bereits, angewendet werden sie aber nur selten. Auch, weil sich die Deutschen noch gegen das rundherum vernetzte Zuhause sträuben. Die Industrie will das nun ändern und den Sprung aus der Nische in den Massenmarkt schaffen.

Wenn das autonome E-Auto seinen Besitzer abgeholt hat und sich eigenständig auf den Heimweg macht, springt im Wohnzimmer die Heizung an. Biegt es in die Einfahrt, schalten sich auch die Lichter ein und der Herd beginnt, das Abendessen aufzuwärmen. Die Waschmaschine ist sowieso schon fertig – die Wäsche ist sauber, trocken und bereits gefaltet. Und auch der Saugroboter war während des Tages fleißig und hat in der gesamten Wohnung Flusen, Staub und Krümel verschlungen. 

Smart Living ermuntert wie kaum ein anderes Thema zu Visionen über künftige Lebensqualität. Im Berliner Wissenschaftsbezirk Adlershof wird schon jetzt im Wohnquartier Future Living Berlin einiges in die Tat umgesetzt. In 69 smart vernetzten und intelligent gesteuerten Apartments sollen ab Frühjahr 2019 Lösungen aus den Bereichen Smart Living, Smart Health, Smart Mobility und Smart Energy alltagstauglich eingesetzt werden. 

Mit diesem technischen Standard betrete sein Unternehmen beim Bau von Mietwohnungen Neuland, freut sich Roy Lilienthal. Er ist Geschäftsführer der GSW Gesellschaft für Siedlungs- und Wohnungsbau Baden-Württemberg mbH, die in Adlershof als Bauherr auftritt. Ziel sei es, praktische Antworten auf die großen Herausforderungen des demografischen Wandels, der Energiewende und des sich verändernden Mobilitätsverhaltens zu finden. Bisher gibt es keine intelligent vernetzten Wohnungen, die in dieser Form zur Miete angeboten werden. In herkömmlichen Mietwohnungen beschränkt sich Smart Living auf rückbaubare Systeme.

Mehr Lebensqualität, mehr Sicherheit

Smart Living, Smart Home oder Home Automation: Unter diesen Begriffen etabliert sich eine Branche, die mehr Wohn- und Lebensqualität, aber auch höhere Sicherheit in den Alltag bringen will. Die effiziente Energieverwendung ist ein weiteres Thema. Zur Zielgruppe gehört im Prinzip jeder – jeder, der wohnt. Kein Wunder also, wenn Marktforscher einen Massenmarkt erwarten. Auch eine Studie des Bundeswirtschaftsministeriums beziffert das Marktvolumen von Smart Home in Deutschland bis 2025 auf 20 Milliarden Euro. 

Für die Entwicklung möglicher neuer Anwendungen sind der Fantasie kaum Grenzen gesetzt. Zu den prominentesten Schaufenstern für Innovationen aus dem Bereich Smart Living zählt die IFA in Berlin. Die Messe für Consumer Electronics hat seit dem vergangenen Jahr einen Sonderausstellungsbereich für Smart Home geschaffen. 

Doch bislang stehen die Deutschen dem Smart Living eher skeptisch gegenüber. Die Media-Agentur Mindshare sieht noch keine Anzeichen dafür, dass der Markt kurzfristig anspringen wird. Im Februar und März dieses Jahres wurden insgesamt 1.049 Menschen zwischen 18 und 69 Jahren online zum Thema Heimvernetzung befragt. Ergebnis: Die Kaufabsicht für Haushaltsgeräte, die mit dem Internet verbunden werden, liegt nur bei zwei bis acht Prozent. Zum Vergleich: Bei Smartphones sind es 31 Prozent. 

Chancen und Nutzungspotenziale von Smart Living. Quelle: Thesenpapier "Smart Living" des BMJV, 2017

Geringe Bekanntheit

Auch die bereits bestehende Ausstattung mit intelligenten, vernetzten Geräten im Haushalt ist gering. Internetverbundene Heizungen, Steckdosen oder Kühlschränke sind laut Mindshare-Umfrage erst in ein bis sieben Prozent der Haushalte vorhanden. Deutlich größer ist die Verbreitung bei smarten TV-Geräten (60 Prozent) und Internet-Radios (20 Prozent). Mindshare sieht einen Grund für die überschaubare Verbreitung von Smart Home in der geringen Bekanntheit der möglichen Konnektivität von Alltagsgeräten. Als Nachteile wurden in der Studie die steigende 

Abhängigkeit von Technik (43 Prozent), hohe Kosten (39 Prozent), notwendige Internet-Bandbreiten (34 Prozent) und die Sorgen um den Schutz der Privatsphäre (27 Prozent) genannt. Auf der anderen Seite nannten die Befragten „von überall steuerbar“ (38 Prozent) und „bietet mehr Komfort“ (29 Prozent) als die größten Vorteile. „Die Industrie hat noch viel Aufklärungsarbeit zu leisten und muss jetzt mit gezielten Kommunikationsmaßnahmen den Verbrauchern die Vorteile der Konnektivität aufzeigen“, folgert Klaus Peter Scharpf, Managing Director Business Planning bei Mindshare.

Mehr Konnektivität

Zuvor müssen die Anbieter aber auch dafür sorgen, dass die einzelnen Lösungen tatsächlich miteinander verbunden werden können. Aus Kundensicht bietet Smart Living die größten Vorteile, wenn alle Produkte untereinander kommunizieren. Beispiel: Im Brandfall aktiviert das System automatisch den Notruf an die Feuerwehr, schaltet die Lichter zur besseren Orientierung ein und sorgt dafür, dass die Rollos hochgezogen werden, um den Fluchtweg frei zu machen.

Die Hersteller haben das erkannt und schließen sich vermehrt zusammen, um besser vernetzte Lösungen anzubieten. So werden neben proprietären Lösungen zunehmend Produkte auf Basis von Industriestandards wie OSGi, ZigBee oder Lemonbeat angeboten, bei denen die Schnittstellen auch für andere Unternehmen offen stehen. 

Smarte Lösungen für das Wassermanagement

Smarte Technologien ermöglichen heute auch Lösungen für ein effizientes Wassermanagement. Das Bewusstsein, dass Wasser ein kostbares Gut ist, steigt auch hierzulande, wenn in den Medien von der dramatischen Knappheit in vielen Teilen dieser Erde berichtet wird. Die zunehmende weltweite Urbanisierung bringt weitere große Herausforderungen mit sich. Unter dem Begriff Wasser 4.0 werden daher neue Möglichkeiten zur Sicherstellung der Ver- und Entsorgung sowie einer höheren Energieeffizienz in den Anlagen realisiert. Dies bietet zahlreiche Zukunftschancen: So soll Meerwasser zur Trinkwasserversorgung aufbereitet werden und Abwasser von Schadstoffen befreit werden. Mit smarten Wasserzählern, Sensoren oder anderen digitalen Technologien kann Wasser gespart werden, zum Beispiel durch das schnelle Aufspüren von Leckagen. Smart Home stellt zudem auch Lösungen bereit, um Wasserschäden im Haus zu vermeiden. 

In allen Bereichen müssen aber die Bedenken und Wünsche der Verbraucher ernst genommen werden. Das Vertrauen der Konsumenten werden die Anbieter mit Lösungen gewinnen, die sicher und einfach sind. Dass die Unternehmen daran arbeiten, ist im Markt bereits erkennbar. 

Lösungen unabhängig vom Internet

So werben Firmen bereits mit Lösungen, die durch energieautarke und strahlungsarme Funkstandards punkten, auf Cloud-Lösungen verzichten oder sogar ganz vom Internet unabhängig sind. Die einfache, zum Beispiel kabellose, Installation und eine unkomplizierte Bedienung sowie geringe laufende Kosten sind weitere Argumente, die von Anbietern ins Feld geführt werden.

Derzeit sieht Smart Living oft noch anders aus, meint auch Roy Lilienthal. „Auf dem Couchtisch liegen immer noch mehrere Fernbedienungen und die Apps auf dem Handy kommunizieren nicht miteinander“, klagt der Bauherr in Adlershof. Schwerpunktmäßig wird daher jetzt auch im Wohnquartier Future Living Berlin an der einfachen Vernetzung der Komponenten gearbeitet.

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