Vernetzung

Die Welt wird smart

Von Elke von Rekowski · 2016

Selbstfahrende Autos, Waren nachbestellende Kühlschränke oder verzahnte Fabriken: Die digitale Welt befindet sich in einem revolutionären Transformationsprozess. Das Schlagwort lautet Internet der Dinge (Internet of Things, IoT). Doch was bedeutet dieses Schlagwort für uns und für die Art, wie wir leben?

 Die Welt von oben bei Nacht

Das Internet der Dinge hat zweifellos das Potential, den bis dato gewohnten Lebensalltag vollkommen zu verändern. Dennoch geht die Entwicklung bislang an vielen Menschen vorbei. Bei einer Umfrage des Digitalverbandes Bitkom aus dem vergangenen Jahr haben 88 Prozent aller Befragten angegeben, den Begriff „Internet der Dinge“ zum ersten Mal zu hören. Der Prozess steht also noch am Anfang. Experten sind sich jedoch einig, dass IoT bis 2025 einen Mehrwert von bis zu elf Billionen Dollar an Mehrwert schaffen wird – sei es durch Konsumgüter im Alltagsleben, durch die Industrie oder beim Mittelstand.

Beim Internet der Dinge steht die Vernetzung von Gegenständen im Mittelpunkt. Sensoren und Geräte kommunizieren miteinander und viele Prozesse können in einem vorgegebenen Rahmen automatisch in Gang gesetzt werden. Das Internet der Dinge wächst unaufhaltsam. Schätzungen zufolge sollen bereits zum Ende dieses Jahrzehnts über 50 Milliarden mobile Endgeräte, ebenso viele andere Produkte und rund 10.000 Sensoren pro Bürger auf der Erde zu diesem Netzwerk gehören. Das verändert die Rolle des Menschen deutlich, wie sich etwa am Beispiel von Onlineshopping zeigt: Während diese Art des Einkaufs noch heute an den Katalogeinkauf aus der Vergangenheit mit seinem Auswählen, Bestellen und Bezahlen erinnert, funktionieren solche Vorgänge mit dem Internet der Dinge automatisch und die täglichen Dinge des Alltags organisieren sich selbst. Der Kühlschrank weiß genau, welche Lebensmittel fehlen, und bestellt sie automatisch nach. Auch Dinge wie ein Zahnbürstenaufsatz, ein neues Scherblatt für den Elektrorasierer oder ein neuer Staubsaugerbeutel werden dann von den Geräten selbständig geordert, während sich der Mensch auf das reine „Genuss-Shopping“ konzentriert.

Vernetzung: Mehrwert für Mensch und Medizin

Aber die Anwendungen gehen noch darüber hinaus. So kann eine entsprechend ausgestattete Waschmaschine beispielsweise über RFID-Tags in der Kleidung automatisch das richtige Waschprogramm mit der passenden Dosierung von Waschmittel wählen. Sie greift dabei auf eine Online-Datenbank zu, die stets aktuelle Moden und Trends berücksichtigt und selbst für die aktuellsten Stoffe die Pflegeanleitungen parat hält. Statt herkömmlicher Kleidung kommen bereits heute Wearables zum Einsatz, die sich die Lieblingsmusik des Nutzers aus dem Internet ziehen und gleichzeitig dessen Vitalwerte erheben und an einen Cloudspeicher übertragen.

Doch auch im medizinischen Bereich bietet das Internet der Dinge Möglichkeiten, die besonders angesichts des stetig fortschreitenden demographischen Wandels stetig an Bedeutung gewinnen. So zeigt sich bereits heute eine steigende Nachfrage nach Hausnotrufsystemen. Diese Notrufsysteme reagieren jedoch derzeit noch auf eine Aktion des Nutzers: In der Regel muss ein Notrufknopf gedrückt werden, damit ein Alarm ausgelöst wird. Dieses aktive Handeln einer Person wird mit dem Internet der Dinge überflüssig. Hierbei können intelligente Sensoren die Vitalfunktionen der Personen ständig überwachen und mit einer Notrufzentrale austauschen. Tritt ein medizinischer Notfall ein, wird aufgrund der Auswertung der Daten der Alarm automatisch ausgelöst. Aber ein derartiges System bietet weiteren Mehrwert: Bei einer gleichzeitigen Vernetzung mit dem Rettungsdienst erhält der Notarzt bereits auf dem Weg zum Patienten viele wichtige Daten zur schnellen Beurteilung der richtigen Notfallmaßnahme.

Unerkannte Potentiale für IoT

Während das Internet der Dinge in vielen privaten Bereichen bereits heute angewendet wird, zögert die deutsche Industrie vielfach noch mit der Nutzung. Daran hat auch die Initiative Industrie 4.0 bislang nicht viel geändert. Der Begriff wurde bereits 2011 auf der Hannover Messe mit Unterstützung der Bundesregierung aus der Taufe gehoben wurde, um entsprechende Entwicklungen in Deutschland voranzutreiben. Statt aktiv zu agieren, warten etliche Unternehmen jedoch auch heute noch auf eine Standardisierung, die es in vielen Bereichen derzeit noch nicht gibt. Damit jedoch vergeben sie die Chance auf eine führende Rolle in diesem Bereich. Das gilt vor allem deshalb, weil viele dieser Unternehmen, ohne es zu wissen, zumindest in Teilbereichen längst für IoT vorbereitet sind.

Auch beim industrielle Mittelstand ist das Internet der Dinge noch nicht ausreichend angekommen. Diese Unternehmen sind schlichtweg unsicher, ob sie das Internet der Dinge für sich nutzen können. Gleichzeitig vermuten sie, dass nur mit dem Erwerb teurer Spezialmaschinen oder sogar mit dem Bau neuer Fabriken der Start in die Zukunft des Internet möglich wäre. Dabei würde auch eine Analyse in diesen Unternehmen vielfach ergeben, dass der Grundstock für die Nutzung von IoT schon gelegt ist. Bereits durch Aufrüstungen beziehungsweise Updates lassen sich viele der vorhandenen Systeme für IoT nutzbar machen.

Grundlegend für das Internet der Dinge ist auch im industriellen Bereich eine weitgehend autonome Kommunikation der Geräte untereinander. Schon heute kommunizieren viele Maschinen miteinander. Vorwiegend in lokalen Netzen findet die Machine to Machine (M2M) Communication statt, die es ermöglicht, Produktionsprozesse zu optimieren und flexibilisieren. Wenn verschiedene Produktvarianten in kleinen Losgrößen gefertigt werden sollen, hat die wirtschaftliche Flexibilität oberste Priorität. Um diese Fertigung zu gewährleisten, kommunizieren die Produktionsmaschinen mit Zuführeinheiten und automatisierten Lagern. Wenn bestimmte Produktionsmittel dort ausgehen, erfolgt ähnlich wie beim Beispiel des heimischen Kühlschranks eine automatische Bestellung bei vordefinierten Lieferanten.

Aber auch im übergreifenden Rahmen sind Ansätze des Internet der Dinge schon auszumachen. So steuern Smart Grids automatisch Stromleitungen und Umspannstationen, um Stromverbraucher und (Klein-)Erzeuger optimal zu koordinieren. Bei Lastspitzen können so beispielsweise kleinere Blockheizkraftwerke und Solareinspeiser automatisch aufgeschaltet werden. Oder es ist möglich, Leitungstrassen optimal zu nutzen, um dem wechselnden Energiebedarf in verschiedenen Teilen eines Netzes gerecht zu werden, ohne dass neue Leitungen errichtet werden müssen.

Spannende Aussichten

Im Kleinen betrachtet, setzt sich das automatische Energiemanagement im Smart Home fort. Droht eine Gewitterfront, so wird die Steuerung der Dachfenster über das Internet darüber informiert und schließt die Fenster automatisch. Setzt sich das Auto nach getaner Arbeit in Bewegung, erhält die Heizung im Winter das Signal, die Temperatur im Wohnraum zu erhöhen. Oder beim Öffnen eines Fensters zum Lüften wird in diesem Raum automatisch die Heizung gedrosselt. Die Wohnung wird funktional automatisiert, was nicht nur einen erhöhten Komfort bedeutet, sondern auch gleichzeitig die Energieeffizienz steigert.

Die Beispiele zeigen nur einen kleinen Ausschnitt der Möglichkeiten, welche das Internet der Dinge in Verbindung mit einer lokalen M2M-Kommunikation bieten kann. Zweifellos steht das Internet der Dinge heute noch am Anfang. Fest steht jedoch, dass die Revolution des Internet längst begonnen hat. Die manuellen Zwischenschritte weichen einer Automatisierung, welche Möglichkeiten bietet, die derzeit noch gar nicht abzusehen sind. Der Computer oder das Smartphone als zentrale Anbindung ans Netz erhält Konkurrenz von vielen, dezentralen und sich selbst organisierenden Einheiten im Haushalt, im Verkehr und natürlich auch in der Industrie und dem Gewerbe. Menschen und Industrieunternehmen müssen deshalb heute die Weichen dafür stellen, maßgeblich an der Gestaltung der smarten Welt von morgen beteiligt zu sein.

Internet of Things wird bis 2020 alltäglich: Geschätzte Anzahl der weltweit mit dem Internet verbundenen Geräte, ohne PCs, Tablets und Smartphones. Quelle: Gartner, 2015
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