Digitalisierung der Produktion

Digitale Chancen für die Industrie

Von Michael Gneuss · 2021

In der Pandemie ist das Bewusstsein für die Bedeutung der digitalen Transformation gewachsen. Unternehmen mit finanziellen Spielräumen investieren jetzt vielfach in die Digitalisierung der Produktion und der Produkte, um wettbewerbsfähiger zu werden und neue Wachstumspotenziale zu erschließen. Voraussetzung ist ein hohes Maß an digitalem Know-how.

Jemand steuert über ein Tablet Produktionsmaschinen.
Die Digitalisierung in der Industrie schreitet voran. Foto: iStock/B4LLS

Die Pandemie stellt die deutsche Industrie auf eine harte Probe. Gleichzeitig weist sie aber auch einen Weg in die Zukunft. „Es zeigt sich, dass ein hoher Automatisierungsgrad durch Steuerungen, Sensorik und Aktorik hilft, die Produktion auch unter Wahrung der Corona-Sicherheitsregeln aufrechtzuerhalten“, sagt Roland Bent, Vorstand des Fachverbands Automation im Zentralverband Elektrotechnik- und Elektronikindustrie e.V. (ZVEI). Die Branche schöpft daraus Hoffnung, dass die Umsätze nach dem schwachen Geschäftsjahr 2020 jetzt wieder ansteigen. „Zumal die langfristigen Entwicklungstrends, insbesondere die Anforderungen an einen wirkungsvollen Klimaschutz und die voranschreitende Digitalisierung, für die Automation nach wie vor intakt sind“, betont Bent.

Durchaus optimistisch ist auch Frank Riemensperger, Deutschland-Chef der Unternehmensberatung Accenture. Die großen deutschen Konzerne könnten gut mit der Krise umgehen und hätten die Lehren aus der Finanzkrise 2008/2009 noch nicht vergessen. Mit Instrumenten wie Kurzarbeit und flexiblen Lieferketten erhalten sie sich Investitionsspielräume und Perspektiven für die Zukunft. „Viele Konzerne fahren schon wieder Investitionsprogramme für mehr Wettbewerbsfähigkeit hoch“, sagt Riemensperger. Davon profitiere alles, was mit digitaler Automation zu tun hat – zum Beispiel Sensorik – und auch der IT-Sektor. Bei der bevorstehenden Digitalisierungswelle sehen Experten wie Riemensperger anders als in früheren Jahren aber nicht allein Verwaltungsprozesse im Vordergrund, sondern auch die Produktion und Produkte.

Höhere digitale Fähigkeiten

Diverse Studien belegen eine hohe Neigung der Unternehmen, in die Digitalisierung zu investieren. Laut Capgemini Research liegt das auch an deutlich gewachsenen digitalen Fähigkeiten im Management. Eine weltweite Studie der Forscher ergab, dass in 60 Prozent der Unternehmen mittlerweile die notwendigen digitalen Skills vorhanden seien und zudem 62 Prozent der Firmen über Führungskompetenzen verfügten, die für die Umsetzung der digitalen Transformation erforderlich sind. Im Jahr 2018 brachte dieselbe Studie nur jeweils 36 Prozent in beiden Bereichen zutage.

Datengenauigkeit optimieren

Eine repräsentative Studie des Marktforschungsinstituts Censuswide unter Führungskräften und Fachleuten des Finanz- und Rechnungswesens aus dem Herbst zeigt, wie wichtig die Einführung von Automatisierungslösungen für die Wettbewerbsfähigkeit aus Sicht der Unternehmen ist. Unter den internationalen Teilnehmern der Umfrage erklärten 34 Prozent, und unter den deutschen Befragten 43 Prozent, dass sie die Implementierung oder Skalierung von Automatisierungslösungen erwägen, um die Genauigkeit und Zuverlässigkeit ihrer Finanzdaten zu optimieren.

Eine mangelnde Datenqualität wird derzeit aufgrund der wachsenden Verfügbarkeit von Informationen in vielen Bereichen beklagt, so zum Beispiel auch im Kundenbeziehungsmanagement. Angesichts der zunehmenden Digitalisierung kommt auch ERP-Systemen als zentraler Prozess- und Datendrehscheibe bei der Unternehmensplanung und -Steuerung eine wachsende Bedeutung zu.

Grafik: Umfrage zu politischen Aspekten der Digitalisierung in Deutschland 2020

Investitionen in die digitale Fabrik

Capgemini Research sieht vor allem in der intelligenten Produktion einen enormen Mehrwert. So könnten Smart Factorys der Weltwirtschaft einen Mehrwert von mindestens 1,5 Billionen Dollar einbringen, hat das Institut errechnet. Ganz vorn bei der Einführung intelligenter Fabriken liegen demnach China, Deutschland und Japan. Dahinter folgen Südkorea, die USA und Frankreich. Die Autoindustrie plane in den kommenden drei Jahren, die Investitionen in den Aufbau von Smart Factorys um mehr als 60 Prozent zu steigern, erklärten die Experten im vergangenen Jahr. Von 2,2 Prozent des Umsatzes steigern die Autunternehmen den Investitionsanteil demnach bis 2023 auf 3,5 Prozent der Erlöse.

Aus Sicht der Autoindustrie sind Investitionen in die smarte Fabrik interessant, um die wachsende Variantenvielfalt sowie die beschleunigten Produktzyklen besser bewältigen zu können. Auch die Umstellung auf die Elektromobilität ist ein Motiv. Das Fraunhofer-Institut für Optronik, Systemtechnik und Bildauswertung (IOSB) hat zusammen mit der Strategieberatung Strategy & 5 Deutschland die Studie „At the end of the line – How automakers can embrace flexible production“ erstellt und darin eine intelligent vernetzte und sich selbst organisierende Produktion skizziert. Die entstehenden Fahrzeuge bewegen sich dabei auf einem fahrerlosen flexiblen Transportsystem anstatt auf einem starren Montageband.

Bei Porsche im Stammwerk Zuffenhausen entsteht der vollelektrische Taycan auf einer sogenannten „Flexi Line“. Sowohl die Fahrzeuge als auch die Bauteile werden von dem Transportsystem ohne Fahrer an die richtige Stelle des Produktionsprozesses gesteuert. Zur Prozessüberwachung und Qualitätssteuerung nutzt der Sportwagenbauer Big Data. Mit künstlicher Intelligenz werden Fertigungsdaten analysiert, um Optimierungsschwerpunkte erkennen.

Einfach ist die Umsetzung der digitalen Fabrik aber ganz sicher nicht – nicht allein wegen der rasch wachsenden Datenmengen und der diversen anspruchsvollen Technologien, die erst dann den vollen Nutzen bringen, wenn sie miteinander synchronisiert werden. Auch die Sicherheit der IT stellt für Unternehmen eine wachsende Herausforderung dar. Schließlich sollen Hacker die Errungenschaften der Digitalisierung ja nicht zum Scheitern bringen.

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